Veröffentlichung in der Falldatenbank: 05.11.2009

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Landgericht Bochum: Amtsniederlegung des Geschäftsführers als gleichzeitige Kündigung seines Anstellungsvertrages

§ 35 GmbHG, § 626 BGB

Die Erklärung eines Geschäftsführers, mit sofortiger Wirkung seine Tätigkeit als Geschäftsführer niederlegen zu wollen, kann dahin ausgelegt werden, dass gleichzeitig auch das Dienstverhältnis gekündigt werden soll.

Landgericht Bochum, Urteil vom 05.11.2009 - I-14 O 158/09 - nicht veröffentlicht, rechtskräftig (SNH: 127/09)

Anmerkungen
Rechtsanwalt Dieter Schmitz und Rechtsreferendarin Isa Weber, Witten

Sachverhalt
Der Kläger beansprucht von der Beklagten, einer GmbH, angeblich rückständige Bezüge aus Geschäftsführertätigkeit. Die Beklagte wehrt sich und beruft sich darauf, dass der Kläger im Jahre 2008, nachdem ihm durch den Gesellschafter der Beklagten jede weitere Reisetätigkeit untersagt worden war - diesem gegenüber per E-Mail erklärte: "Ich lege mit SOFORTIGER Wirkung meine Tätigkeit als Geschäftsführer nieder. Die notwendigen Schritte sind umgehend von Ihnen als Gesellschafter zu veranlassen." Die Auslegung dieser Erklärung ist zwischen den Parteien streitig. Nach Auffassung der Beklagten hat der Kläger mit seiner Äußerung sowohl sein Amt als Geschäftsführer als auch seinen Angestelltenvertrag fristlos gekündigt. Der Kläger behauptet dagegen, sein Ausspruch habe sich nur auf sein Amt als Geschäftsführer bezogen; seine Anstellung sei von der Kündigung unberührt, weshalb ihm für die folgenden Monate ein Anspruch auf Erhalt von Bezügen zustehe. Ob in den Folgemonaten ein tatsächliches Angebot der klägerischen Arbeitsleistung erfolgte und ob er Tätigkeiten für die Beklagte oder vielmehr für eine Schwestergesellschaft der Beklagten erbrachte, ist zwischen den Parteien ebenfalls streitig.

Entscheidung
Die Zuständigkeit liegt bei dem Landgericht und nicht bei dem Arbeitsgericht, § 5 Abs. 1 S. 3 ArbGG. Bei dem Landgericht wiederum liegt die funktionale Zuständigkeit bei der Kammer für Handelssachen, § 95 Abs. 1 Nr. 4 a) GVG. Gemäß der Entscheidung der Kammer für Handelssachen liegt in der E-Mail des Klägers eine Niederlegung sowohl des Geschäftsführeramtes als auch eine Kündigung der Angestelltentätigkeit. Zwar ist die Organstellung eines Geschäftsführers grundsätzlich von seiner Tätigkeit aufgrund des Anstellungsvertrages zu unterscheiden, weshalb eine Amtsniederlegung nicht unbedingt mit der Kündigung des Anstellungsvertrages gleichzusetzen ist (und umgekehrt), doch im vorliegenden Fall der Niederlegung des Amtes durch den Geschäftsführer selber ist dieses Verhalten auslegungsbedürftig. Hier ist die Formulierung des Klägers entscheidend, er wolle seine "Tätigkeit" mit sofortiger Wirkung niederlegen; die Tätigkeit selbst nämlich, hier folgt die Kammer der Argumentation der Beklagten, ist die Arbeitsleistung und somit die Verpflichtung aus dem Anstellungsvertrag. Mit seiner E-Mail kündigt der Kläger fristlos. Die Kammer ergänzt aber, auch ohne Annahme einer fristlosen Kündigung zu einer Ablehnung des Zahlungsanspruchs kommen zu können, da nicht habe festgestellt werden können, dass der Kläger seine Dienste im Anschluss an seine E-Mail angeboten oder erbracht hat. Der Vortrag in der Klageschrift zu diesem Punkt ist unsubstantiiert und nicht unter Beweis gestellt. Ein Annahmeverzug der Beklagten kann insoweit ohnehin nicht angenommen werden, sodass auch in dieser Hinsicht kein Zahlungsanspruch besteht.

Praxishinweis
Grundsätzlich kann die Niederlegung des Geschäftsführeramtes durchaus auch ohne gleichzeitige Auflösung des Anstellungsverhältnisses erfolgen. Bereits in einer Entscheidung aus dem Jahre 1977 erkannte der BGH, dass die "Bestellung und die Anstellung eines Gesellschaftsorgans verschiedene Rechtsverhältnisse [sind], die ein unterschiedliches Schicksal haben können" (BGH, Urteil vom 08.12.1977 - II ZR 219/75 - NJW 1978, 756). So zum Beispiel auch im Falle einer berechtigten Amtsniederlegung aus wichtigem Grund. "Ein ungerechtfertigter Versuch, sich diesen Aufgaben zu entziehen, verstößt hingegen gegen den Dienstvertrag; er kann Schadensersatzansprüche der Gesellschaft auslösen und dieser einen Grund zur außerordentlichen Kündigung des Anstellungsverhältnisses geben" (BGH, Urteil vom 14.07.1980 - II ZR 161/79 - NJW 1980, 2415). Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf die oben zitierte Rechtsprechung hat das Bayerische Oberste Landesgericht festgestellt: "In der Erklärung des Verwalters, er lege die Ausübung des Verwalteramts aus wichtigen Gründen fristlos nieder, liegt in der Regel auch die außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags. Will der Verwalter Rechte aus dem Verwaltervertrag, insbesondere den Vergütungsanspruch, wahren, bedarf es dazu grundsätzlich eines ausdrücklichen Vorbehalts" (BayObLG, Beschluss vom 29.09.1999 - 2 Z BR 29/99 - Ls aus NJW-RR 2000, 156). Diese und auch die vorliegende Entscheidung zeigen die bedeutende Wirkung der Wortwahl; der Kläger unterlag aufgrund der unpräzisen Formulierung seiner Kündigung.

Wenn es um solche und ähnliche Feinheiten geht, beraten wir Sie gern. Wir formulieren Ihre Erklärungen und stellen so sicher, dass keine Auslegungszweifel zu Ihren Lasten bleiben,

Ihr Rechtsanwalt Dieter Schmitz

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