Veröffentlicht am: 10.03.2014

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Ungenauigkeiten im gemeinschaftlichen Ehegattentestament – Pflichtteilsstrafklausel oder allgemeine Verwirkungsklausel?

OLG Frankfurt a.M., Beschluss vom 27.11.2013 - 20 W 138/13

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat sich in dieser Entscheidung mit allgemeinen Verwirkungsklauseln in gemeinschaftlichen Ehegattentestamenten beschäftigt. Die Eltern der Parteien hatten sich in ihrem notariell protokollierten gemeinschaftlichen Testament als gegenseitige Alleinerben eingesetzt und bestimmten den überlebenden Teil zum unbeschränkten Vollerben für den Fall, dass er nicht wieder heiraten würde, ansonsten nur zum Vorerben. Sämtliche Verfügungen im gemeinsamen Testament sollten wechselseitiger Natur sein – der überlebende Ehegatte sollte aber hinsichtlich der Verteilung des Vermögens unter den ehelichen Abkömmlingen ein Recht zur Änderung haben. Darüber hinaus haben die Eltern wörtlich festgelegt:

„Derjenige, der mit diesen Testamentsbestimmungen nicht einverstanden ist, erhält nur den Pflichtteil unter Anrechnung dessen, was er bereits zu Lebzeiten von uns bekommen hat - wozu auch die Kosten einer Ausbildung, Ausstattung und sonstige Zuwendungen gehören.“

Die Antragsgegnerin sollte nach der Teilungsanordnung das jetzt streitgegenständliche Grundstück erhalten. Nach dem Tod des Vaters kam es zu einem Rechtsstreit, in dem die Antragstellerin ihre Mutter auf Auskunft über den Nachlass ihres Vaters sowie auf Zahlung des sich aus der Auskunftserteilung ergebenden Pflichtteilsbetrags verklagte. Der Rechtstreit endete in einem Vergleich, nach dessen Formulierung alle gegenseitigen Ansprüche aus dem Erbfall mit Zahlung von 10.500 € durch die Mutter abgegolten und erledigt seien. Nachdem auch die Mutter im Jahre 2013 verstorben ist – ohne zuvor wieder geheiratet zu haben – wenden sich die Antragsteller nun gegen die Eintragung der Antragsgegnerin als Teil der Erbengemeinschaft ins Grundbuch. Sie berufen sich dabei auf die Pflichtteilsstrafklausel. Sie meinen, die Antragstellerin sei nach dem Tod der Mutter nicht Erbin sondern nur Pflichtteilsberechtigte geworden.

Das Gericht lehnte die beantragte Löschung der Eintragung der Antragsgegnerin ab. Weil nach der streitentscheidenden Klausel nicht ausdrücklich das Verlangen des Pflichtteils sanktioniert werden sollte, kam das Gericht durch Auslegung zu dem Ergebnis, dass es sich nicht um eine Pflichtteilsstrafklausel, sondern um eine allgemeine Verwirkungsklausel handele. Im Sinne dieser Klausel war die Geltendmachung des Pflichtteils durch die Antragstellerin nach dem Tod ihres Vaters gerade nicht als Auflehnen gegen den Erblasserwillen feststellbar. Mit der Geltendmachung des Pflichtteils habe die Antragsgegnerin gerade akzeptiert, nicht Erbin geworden zu sein. Das Gericht sah damit keine Anhaltspunkte, warum die Schlusserbenstellung der Antragstellerin entfallen sein soll. Nach alledem bestand der Anspruch auf Eintragung eines Amtswiderspruchs ins Grundbuch mangels Abweichungen des tatsächlichen Inhalts des Grundbuchs von der der materiellen Rechtslage nicht.

Haben Sie Fragen zu dieser Entscheidung? Wir verfügen über langjährige Erfahrung im Bereich des Erbrechts und helfen Ihnen gern bei allen Fragen zum Berliner Testament, Verwirkungsklauseln und Pflichtteilsansprüchen.

Ihr Rechtsanwalt Dieter Schmitz und Rechtsassessorin Isa Weber aus Witten

Fachanwaltskanzlei Schmitz Niemann Haase

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